Fremd im eigenen Land?
Der Islam ist fremd, Muslime sind Migranten,
sie sind anders. Wir geben vor, wie es zu sein hat und sie sollen sich anpassen. Das ist die Botschaft, die immer wieder bei
populistischen Diskursen durchklingt. Auch nun ist es wieder so weit.
Bei Vorschlägen zu Kopftuchregulationen können sich die Urheber
größter Aufmerksamkeit gewiss sein. Die Argumentation des säkularen Staates, der
Religion nicht fördern darf und daher ein Verbot im öffentlichen Dienst
sinnvoll wäre, ist höchst problematisch. Wenn qualifizierte, selbstbestimmte
Frauen gleiche Chancen wie Männer am Arbeitsmarkt haben, sollten sie gefördert
werden.
Sie aufgrund ihrer Kleidung auszuschließen ist eine autoritäre
Restriktion, die nicht zeitgemäß ist.
Wenn es Frauen ermöglicht wird, verantwortungsvolle
Aufgaben zu übernehmen, so fällt dies wohl eher unter positive Entwicklungen,
die das Land stärkt und veraltete Muster durchbricht. Frauen mit Haarbedeckung
in den öffentlichen Dienst aufzunehmen, bedeutet Frauen in ihrer
Selbstbestimmung zu unterstützen und nicht etwa, die Religion zu fördern, so
wie Bundesminister Sebastian Kurz argumentiert. Das Ergebnis wäre nach außen hin
ein positives Signal eines offenen,
modernen Österreichs und ist nicht zu unterschätzen.
Nicht nur, dass mit
dieser Diskussion den Frauen mit „Migrationshintergrund“ ihre Zugehörigkeit zu
Österreich und Gleichberechtigung abgesprochen wird - selbst wenn sie Staatsbürgerinnen sind -, es
wird dabei auch vergessen, dass es gebürtige Österreicherinnen gibt, die sich
im Laufe ihres Lebens für den Islam entschieden haben. Frauen aus der
sogenannten „autochtonen Bevölkerung“, die wissen, dass sie in ihrem Land (grundsätzlich,
praktisch nicht immer) gleichberechtigt
sind, ihre Fähigkeiten entwickeln können und alles, was Männer erreichen, auch
erreichen könnten.
Mit diesem Bewusstsein wählen sie ihre Religion frei und
gehen einen selbstbestimmten Weg, auch wenn dies Unverständnis von ihrer
Umgebung bedeuten mag. Sie leben ihr Leben weiter wie bisher, nur eben mit
einem anderen Glauben und ritueller Praxis, die sie in ihren Arbeitsalltag
integrieren, so wie es andere Muslime eben auch praktizieren. Menschen einer bestimmten Religion
einzuschränken wiederspricht dem Gleichheitsgrundsatz.
Es kann also nicht nur
um Integration gehen und darum, den säkularen Staat zu wahren. Die Frage ist
doch eher: Wem nützt dieses Vorgehen, Angehörige einer bestimmten Religionsgemeinschaft
als fremd zu betrachten? In der Diskussion wird nur die Haarbedeckung der
muslimischen Frau angesprochen. Solange das Bild aufrechterhalten wird und
immer wieder hervorgerufen werden kann, dass „die“ nicht zu „uns“ und „unseren
Werten“ passen, ist es ein leichtes, mit Restriktionen zu hantieren. Alleine schon ein Vorschlag
genügt, um immer wieder die Flamme zu entzünden, um einen Sündenbock warm zu
halten und eine fiktive Bedrohung heraufzubeschwören. Um von richtigen Aufgaben
abzulenken. Um Argumente zu liefern, dies
seien Gefährder, auszuschließen und müssten
sich ändern. Welche Motive die (männlichen) Befürworter nun
haben, kann hier nicht beantwortet werden. Tatsache ist, dass die Diskussion
auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Wenn Bundesminister Sebastian Kurz
Sorge um die Vorbildwirkung hat, sollte diese eher dahingehend bestehen, als
Staat mit gutem Beispiel für die Privatwirtschaft voranzugehen, Frauen im
öffentlichen Dienst zu fördern, gleiche Rechte für alle gelten zu lassen und
klar gegen Diskriminierung zu stehen.
Dr.in Ursula (Fatima)
Kowanda,
Kontakt:
fatima.kowanda@gmx.at